Bereits zum achten Mal werden Arbeiten des Kunstleistungskurses des jeweiligen Abiturjahrganges der Kant-Oberschule gezeigt. Die überaus sehenswerte Ausstellung mit dem Titel „Eden 2020“ feiert zugleich eine Premiere, denn erstmals ist eine Ausstellung im neuen KANT-Schul-Forum in der Körnerstraße 49 zu sehen.

Gibt es ein Paradies auf Erden? Oder existiert es nur in unserer Vorstellung? Und wenn es ein Paradies gäbe, wie sähe es aus? – Vielleicht so wie die rosarote Fantasiewelt auf Veronikas Bild „A Girl‘s Mind“, oder so wie die in intensive Farben getauchte Landschaft, die Elias auf die Leinwand gebracht hat? Sein Gemälde „Perfect Paradise“ entführt den Betrachter in ein idyllisch wirkendes Tal durch das ein leuchtend blauer Fluss fließt. Im Hintergrund sind Berge zu sehen, auf einem der schneebedeckten Gipfel entfaltet ein Kirschbaum seine üppige Blütenpracht und leuchtend orange steht die Sonne am blauen Himmel.

Doch das Idyll ist bedroht. Vom rechten Bildrand her zieht eine dunkle Wolkenfront auf und Blitze zucken. Sie sind Zeichen für die Gefahr, die von diesem so paradiesisch aussehenden Ort ausgeht, der irgendwo in Japan sein könnte. Denn dieses Paradies ist keineswegs so perfekt wie es auf den ersten Blick scheint. Bei genauem Betrachten fallen die hinter den Wurzeln eines Baumes verborgenen Reste radioaktiven Mülls ins Auge, und die zuvor als zwei Rehe wahrgenommenen Tiere entpuppen sich als ein Wesen mit zwei Köpfen, mutiert durch die radioaktive Verstrahlung der Umgebung. Die Erkenntnis trifft einen wie ein Faustschlag.

So wie das Bild von Elias sind viele der in der Ausstellung gezeigten Gemälde und Kollagen erschütternd und stimmen nachdenklich. Die Arbeiten sind das Ergebnis der künstlerischen Auseinandersetzung mit dem Thema Paradies. „Jeder hat eine andere Vorstellung vom Paradies“, sagt Friedrich Maronde, der in diesem Jahr den Kunstleistungskurs des Abschlussjahrganges leitet. Ganz bewusst habe er keine Vorgaben gemacht, wie sich die Schüler/innen dem Sujet nähern sollten. Sie waren frei zu entscheiden, welchen Kunststil sie für ihr Bild wählen wollten und konnten ebenso frei assoziieren, was ihnen zu dem Begriff Paradies einfällt.

So sind in der Ausstellung Bilder zu sehen, die sich stilistisch stark voneinander unterscheiden. Sie reichen von der realistischen Naturdarstellung bis zum fast abstrakten Werk von Thung Anh, der einen überdimensionalen Apfel ins Zentrum seines Bildes stellt, jene Frucht, die oft als Sinnbild der verbotenen Frucht dargestellt wird, deren Verzehr zur Vertreibung von Adam und Eva aus dem Paradies geführt hat. „Die Säkularisierung des Gartens Eden“ ist das Thema von Thung Anh, dessen ausgefeilt komponiertes und in verschiedenen Maltechniken gestaltetes Bild für das Ausstellungsplakat gewählt worden ist.

Bei aller stilistischer Vielfalt der Arbeiten, inhaltlich zieht sich ein Thema wie ein roter Faden durch fast alle Bilder der Ausstellung: Die Zerstörung der Erde durch uns Menschen. „Burn Eden“ von Deniz, „Yes” von Hanna, „Escape from Destruction“ von Celina, „What Now” von Melania, oder „Das Ende” von Laura erzählen von dieser Welt, in der das Paradies als Rettungsanker vor dem Untergang für immer verloren scheint.

Selbst die Welt der Mythen bleibt nicht von der Vernichtung verschont. Oshuns Bild „Destruction“ erzählt davon. Es zeigt eine Unterwasserlandschaft mit einer Seejungfrau, die keine Arme besitzt. Neben ihr liegt das Teil eines Flugzeugfracks. Die Menschen haben auch dieses Paradies zerstört.

Immer seltener finden sich auf dieser Welt noch Orte, die so paradiesisch sind, wie jene abgelegene, von Felsen eingerahmte Bucht, die Emily mit dicken Pinselstrichen geschaffen hat. Ihr Bild trägt den Titel „Einsames Paradies“ und drückt die Sehnsucht nach einem Rückzugsort in der Natur aus, der nicht von Menschenhand zerstört ist.

Was für ein Kontrast ist dagegen das Gemälde von Maxim, das in düsteren Farben eine verödete, tote Landschaft zeigt. Während in der Ferne ein Feuer wütet, steht im Bildvordergrund ein riesiges, personifiziertes Handy mit weit aufgesperrtem Mund. Wie Kartoffelchips verleibt sich das Mobiltelefon die als Strichmännchen dargestellten Menschen ein. Anstelle von Augen nehmen die Logos von Facebook und Google ihre Opfer ins Visier.

Mit „Dark Fate“ gibt Maxim einen düsteren Ausblick auf die Zukunft. „Die Menschen werden von den sogenannten sozialen Medien so beeinflusst, dass sie keinen Bezug mehr zu anderen Menschen und zu ihrer Umgebung haben“, sagt er. – Eden 2020 ist eine kritische Auseinandersetzung mit einer Welt, in der das Paradies für immer verloren scheint.

Doch nicht nur die Gemälde, denen die Ausstellung ihren Titel verdankt, sondern auch Modelle von Ausflugstürmen sind im KANT-Schul-Forum zu sehen. Der Bau von Architekturmodellen ist Bestandteil des Lehrplanes für den Leistungskurs Kunst. Die Aufgabe variiert hingegen von Jahr zu Jahr. Für die Schüler/innen dieses Jahrganges diente jeweils eine Getränkeflasche als Ausgangspunkt für den Entwurf ihres Ausflugsturmes. Ihrer Fantasie konnten die jungen Künstler dabei freien Lauf lassen.

Entsprechend vielfältig und kreativ sind die gezeigten Modelle im KANT-Schul-Forum, das als Galerie übrigens hervorragend geeignet ist. Elegant schwingt sich zum Beispiel die Wendeltreppe im Turm von Cim nach oben, der aus einer kunstvoll aufgeschnittenen Plastikflasche besteht, die als Doppelspirale den Kern des Turmes mit der Wendeltreppe umschließt und der Form der menschlichen DNA gleicht.

anders interpretiert Chantal das Thema. Ihr Turm, auf dem der Schriftzug Rockstar prangt, muss über eine frei schwebende, abenteuerlich geschwungene, silberne Treppe erklommen werden, die zunächst abwärts führt bevor sie sich gefährlich schief nach oben windet. Wer hier nach ganz oben gelangen will, um groß herauszukommen, muss bereit sein, den Absturz in Kauf zu nehmen, so scheint es.

Der Ausflugsturm von Kaya lädt dagegen zum entspannten Chillen ein. An der Holzkonstruktion mit zwei mehreren Hochebenen hängt ein handgeschriebenes Schild mit der Aufschrift „Club Mate Café“. Der Turm könnte irgendwo an einem Strand oder im Dschungel verortet sein und erscheint als perfektes Paradies für Aussteiger!

Noch bis zum 18. März können die beeindruckenden Arbeiten der Abiturienten im KANT-Schul-Forum bewundert werden. Unbedingt anschauen!

Die Ausstellung ist montags bis freitags von 08.30 bis 15.00 Uhr geöffnet. Einfach beim Empfang melden!